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Naturschutz für Honigbienen?
Oder: Was können wir gegen das Insektensterben tun?
Hallo Deutschland!
Ich hatte hier über das große Insektensterben berichtet. 27 Jahre lang wurden in 63 deutschen Naturschutzgebieten fliegende Insekten gezählt und im Jahr 2017 ein Rückgang der Populationen bis über 80 Prozent festgestellt. Die in der Landwirtschaft über Jahrzehnte eingesetzten Gifte werden als Hauptverursacher dieses Dilemmas gesehen.
Doch unsere Umwelt braucht die Insekten in ihrer ganzen Vielfalt. Sie nehmen wichtige Funktionen war. Ihre Artenvielfalt bestimmt die Entstehung von ökologischen Wechselbeziehungen zwischen Insekten und anderen Tieren und Pflanzen. Mit über 150.000 bekannten Arten stellen Wespen, Bienen und Ameisen, die sogenannten Hautflügler (Hymenoptera), eine der artenreichsten und bekanntesten Insektengruppen dar (siehe hier). Viele Hautflügler haben eine große wirtschaftliche Bedeutung als Bestäuber von Nutzpflanzen oder als Gegenspieler von Schadinsekten. Aus eigener Beobachtung wissen die meisten von uns, dass auch andere viele Arten, wie Fliegen, Käfer oder Schmetterlinge an der lebenswichtigenBlüten-Bestäubung beteiligt sind.
Naturschutz für die Honigbiene?
Der Dokumentarfilm „More than Honey“ geht dem weltweiten Bienensterben nach. Er legt dar, dass mehr als ein Drittel unserer Nahrungsmittel ohne das Zutun der Bienen, also ohne Bestäubung, nicht gedeihen würde. Wenn die Bienen aussterben, stirbt der Mensch vier Jahre später aus, soll Albert Einstein gesagt haben. Diese Dokumentation gibt es auch auf CD oder BluRay. Hier ein Video-Kommentar zum Film vom ZDF:
Die gemeine Honigbiene ist damit auch ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor der Nahrungsmittelproduktion, ein Dienstleister der Tierwirte an Landwirte. Die Bestände der Honigbiene sind neben dem Wegfall von Blühpflanzen durch Gifte in der industriellen Landwirtschaft weltweit zusätzlich gefährdet durch den Parasiten Varroa-Milbe.
Diese menschgemachten Gefährdungspotentiale dürfen jedoch nicht zu einseitigen Schutzmaßnahmen zur besonderen ausschließlichen Förderung der Honigbienen-Bestände führen. Es geht um mehr als ausschließlich Nahrungsmittelproduktion für den Menschen; die gesamten Nahrungsketten der Natur sind betroffen, von der die Nahrungskette des Menschen nur ein vom Ganzen abhängiger Teil ist.
Es gilt darum, alle Insekten, hier besprochen im Besonderen alle bestäubenden Insekten zu schützen und zum Erhalt ihrer Artenvielfalt beizutragen. Und dies sind eben nicht nur die Honigbienen. Allein in Deutschland sind über 560 Wildbienenarten bekannt: kollektiv lebende Bienen wie Honigbienen und Hummeln, nicht immer als Einsiedler lebende Solitärbienen, parasitär lebende Kuckucksbienen, kleine Arten in Größen von nur wenigen Millimetern Länge für das erwachsene Insekt im Vergleich zu anderen Arten wie Hummeln von mehrere Zentimetern Körpergröße. Neben ungezählten Bienenarten beteiligen sich jedoch noch viele andere Arten von Fliegen und Tag-und Nachtfaltern an der Nektarsuche an Blüten und an deren Bestäubung.
Die Vielfalt der an der Blütenbestäubung beteiligten Insekten-Arten benötigt eine entsprechende Vielfalt an Blühpflanzen als Nahrungsquelle. Dabei geht es den Insekten ähnlich dem Menschen: Der subjektive Geschmack bestimmt das gewählte Essen. Es gibt Insekten, denen schmeckt der Nektar fast jeder Blüte; andere Spezies benötigen jedoch eine ganz bestimmte Wirtspflanze um zu überleben, andernfalls stirbt die Spezies aus.
Die Wildbienen-Helfer
Was können wir tun? Die Autorin Anja Eder hat dies in ihrem Buch so zusammen gefasst:
„Um Bienen und andere Insekten zu schützen, muss die Landwirtschaft verändert werden, auch im eigenen Interesse, denn sie ist auf Bestäubung angewiesen. Weniger Pestizide, weniger Düngung und eine Neustrukturierung der Landschaft unter Einsatz von Hecken, Blühstreifen und anderen Lebensräumen für wilde Tiere und Pflanzen. Das ist eine dringende Aufgabe für die Politik in den nächsten Jahrzehnten.
Wer über einen Garten oder einen bepflanzten Balkon verfügt, kann aber auch unmittelbar selbst aktiv werden.
Erste Voraussetzung: der Verzicht auf Pestizide und andere Chemikalien. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Die zweite und wichtigste Maßnahme ist die Auswahl der Pflanzen. Nicht allein optische Kriterien sollten zur Anwendung kommen, sondern die Frage, ob eine Pflanze reichlich Nahrung zur Verfügung stellt. Gerade bei Exoten und durch Zucht veränderte Pflanzen ist dies oft nicht der Fall. Auch der Blühkalender sollte zum Einsatz kommen, um eine möglichst kontinuierliche Blühphase zu gewährleisten.
Letztlich sollte der Garten eine freundliche Umgebung für den Nestbau bieten. Etwas „Unordnung“ wie herumliegendes Totholz und Steine, Bruchsteinmauern und unbefestigte Wegflächen bewirken schon sehr viel. Zusätzlich können noch gekaufte oder gebastelte Nisthilfen und Insektenhotels zum Einsatz gebracht werden.
Mit wenig Aufwand und Kosten kann so eine Oase für Wildbienen entstehen, die auch in die Umgebung ausstrahlt. Aber nicht nur das: man schafft auch für sich selbst den perfekten Beobachtungsposten für ein großartiges Naturphänomen. Ein Schritt vor die Tür und es eröffnet sich der komplexe Mikrokosmos des Zusammenspiels von Bienen und Blüten, an dem man ständig Neues entdecken kann und der dennoch nichts von seiner Faszination verliert.“
Und was für Wildbienen gilt, gilt im selben Maße für die anderen Bestäuber-Insekten-Arten Fliegen und Tag- und Nachtfalter und Sonstige: Der Kalender der Jahreszeiten sollte immer verschiedene Arten nektar- und pollenspendender Blühpflanzen für die Tiere bereit halten. Wir sollten umdenken! Toter „englischer Rasen“ ohne jegliches Gänseblümchen sollte kein Schönheitsideal sein; blühende Wildkräuter können neben anderen Gartenblumen bereichernt wirken und im Laufe der Jahre neben einer wachsenden Insektenpopulation auch andere wachsende Populationen von Vögeln, Amphibien und Reptilien generieren. Verwesendes Laub auf Beeten, unter Sträuchern und Bäumen soll liegen bleiben, denn es ist die Basis neuen Lebens! Alles hängt von Allem ab.
Weitere Tipps finden Sie auch auf der Site des BUND für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. hier. Eine kleine Broschüre zur Hilfe für Wildbienen wird vom BUND als pdf-Datei hier angeboten.
Auf dem Balkon
Fast zwei Dutzend Wildstauden und etliche Nisthilfen für Bienen und solitäre Wespen. Werner Davids Balkon in Erding ist ein kleines Stück Wildnis. Und das auf gerade einmal 2 ½ Quadratmetern. In seinem Blog beschreibt Werner David seine Erlebnisse.
Was tut meine Stadt gegen das Insektensterben?
Ich kann also selbst einiges bewirken, in dem ich meine Balkon- oder Gartenbepflanzung insektenfreundlich plane und gestalte und vielleicht auch Nisthilfen und Insektenhotels schaffe.
Doch was tut meine Kommune? In Grünanlagen werden die Flächen gemäht, obwohl sie (noch) in Blüte stehen; Verkehrsinseln werden mit „pflegeleichten“ Buschwerk bepflanzt; die „kostengünstigste“ Bewirtschaftung hat oft Priorität vor der umweltbewussten Variante. Doch eine ausgestorbene Tierwelt lässt sich nicht zurück holen!
Sprechen Sie also mit ihren Politikern, ihrer Stadtverwaltung, ihrem Naturschutzbeauftragten und regen Sie ein Umdenken an: Lassen sie ganzjährige Blühflächen planen; blühende Wiesen sollten nicht gemäht werden oder in Anpassung auf ihren biologischen Nutzen; verschiedene Biotope, wie auch Magerrasen-Habitate, sollten im Stadtgebiet verteilt sein; vielleicht können Sie Nistkästen für Insekten oder Vögel am städtischen Straßenbaum vor ihrer Wohnung aufhängen und hier eine Patenschaft übernehmen. Machen Sie eigene Vorschläge und stimmen Sie diese mit ihren Politikern und ihrer kommunalen Verwaltung ab. Möglicherweise erhalten sie auf Anfrage auch Unterstützung durch ihren örtlichen Naturschutzverein.
Weltbienentag
Ein großer Tag für ein kleines Tier
Die Bedeutung von Bienen als Bestäuber für Biodiversität und Ernährungssicherheit ist elementar für die Menschheit. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat im Jahr 2017 den 20. Mai als World Bee Day ausgerufen. Damit unterstreicht die Weltgemeinschaft auch die Erkenntnis über den Rückgang der weltweiten Bienenpopulation und den dringenden Schutz der Bienen.
Auf den Sites des Bildungsprojektes finden Sie weitere Anregungen, wie Bienen und Wildbienen zu helfen ist: Beispiele für Kampagnen für mehr Blütenvielfalt in unseren Städten; unterschiedliche Nisthilfen für Wildbienen, Sandbienen, Hummeln, und vieles mehr.
Das größte Insektenhotel im Spessart …
… sollte an dieser Stelle niemanden vorenthalten bleiben! Wir denken, dass dies vielleicht auch Vorlage für ein gemeinsames Schul- und Kindergartenprojekt für Garbsen werden könnte ! ? Standort könnte beispielsweise der Stadtpark Garbsen sein, inmitten einer neu von Schulkindern angelegten Bllumenwiese. Begleitend wären Projekte im Sinne von Garbsen blüht auf ! direkt an den Garbsener Schulen denkbar.
Das XXL Insektenhotel bietet auf einer Grundfläche von 4,00 x 3,00 m = 12,00 m², durch die Lösung mit einem kleinen Innenhof von 3,00 x 2,00 m, eine Wohnoberfläche von über 53 m² mit Hotelzimmern und Suiten für sehr sehr viele Insektenarten. Die Hotelzimmer wurden unter pädagogischer Anleitung von den Kindergärten und Schulen des Sinngrundes und in einer großartigen Ferienmitmachaktion von Kindern aus der ganzen Region nach den unterschiedlichen Anforderungen der Insekten ausgestattet und individuell eingerichtet. All die verschiedenen Designzimmer sind anschließend in das XXL Insektenhotel eingezogen und bilden so das womöglich größte, ständige Insektenhotel der Welt. Auch an Fledermäuse und Schmetterlinge wurde gedacht.
Untaugliche Nisthilfen
»Nisthilfen«, die nicht geeignet oder nicht zu empfehlen sind
Um eine optimale Besiedlung durch Wildbienen und verwandte Hautflügler zu erreichen, sagt Diplom-Biologe Dr. Paul Westrich, sollten die auf dieser und der Folgeseite (Link) gezeigten Fehler vermieden werden.
Allerdings dürfen wir eines nicht vergessen:
Die besten Nisthilfen und ein noch so blütenreicher Garten ersparen bzw. ersetzen nicht die Schutzmaßnahmen in der freien Landschaft
Warum? Viele Arten der Wildbienen können aufgrund ganz spezieller ökologischer Ansprüche nicht im Wohnumfeld des Menschen existieren. Arten mit einer Bindung an ganz bestimmte Lebensräume können nur erhalten werden, wenn Trockenrasen, Magerwiesen, Dünen, Sandheiden, Felsfluren und Schilfröhrichte geschützt und sachgerecht gepflegt werden.
Lust und Frust: Faszination Wildbienen
Alles was man über heimische Wildbienen, ihre Bestimmung, ihre Lebensweise und ihren Schutz sagen kann, hat Paul Westrich auf seiner toll bebilderten und mit Videos versehenen Website www.wildbienen.info zusammengetragen. Wildbienen, speziell Hummeln, werden immer beliebter. Sie scheinen sogar den Schmetterlingen den Rang abzulaufen. Von den knapp 600 in Deutschland vorkommenden Arten sind allerdings viele bei einer Begegnung in der Natur und auch anhand von Fotos schwer bis gar nicht bestimmbar. Das sollte man wissen, um nicht frustriert zu sein – was im Übrigen für nahezu alle Insektengruppen gilt.
NABU: Insekten im Web kennenlernen und bestimmen
Gäbe es das Internet noch nicht, für die Insektenbestimmung müsste es erfunden werden. Im Web findet die ganze Insektenvielfalt Platz, neues Wissen wird schnell umgesetzt und Experten leisten gerne Hilfe. Wir geben Tipps für Insektenfreunde und solche, die es werden wollen.
Link zur NABU-Seite: Eine kurze Übersicht wichtiger Websites und Foren
Weitere Seiten zum Thema:
Wir machen mit – Garbsen blüht auf !
Zeit zum Handeln
Warum wir mit der Natur auch uns selbst zerstören
Forschung: Arznei im Grundwasser tötet Insekten / Das große Insektensterben
Neue Bienengifte im Anflug
NABU: Wissenschaftler bestätigen dramatisches Insektensterben
BUND: Wildbienen – ihre Lebensräume, Nahrung, Feinde
Quellen:
Anja Eder (erwähnt)
Fotos: Pixabay
YouTube-Videos (erwähnt)
XXL Insektenhotel (Link)